Profibilder für alle?

Digitale Bilder stehen den analogen in nichts mehr nach. Im Gegenteil: Im Computer lassen sich diese Bilder auch noch gehörig aufbrezeln. Trotzdem ist es ein Wunderglaube, jeder könne nun als Starfotograf reüssieren

Michael Gradias hat zahlreiche Bücher zum Thema Bildbearbeitung, Grafik und Video geschrieben - ein Thema, das durch die aktuelle technische (und preisliche) Entwicklung immer attraktiver geworden ist. Bei Franzis sind aktuell erschienen: "Videobearbeitung. Praktisches Know-how zur professionellen Videobearbeitung am PC", "Photoshop Elements 2" und "Webdesign mit ImageReady und Photoshop. Das Praxisbuch in Farbe". Mit Michael Gradias sprach BuchMarkt-Redakteur Ulrich Faure.

 

BuchMarkt: Digicams und Hochleistungssoftware suggerieren, jedermann könne Profibilder und -filme machen. Ist das tatsächlich so einfach?

Michael Gradias: Vor Jahren, als ich noch analoger Fotograf war, gab es den alten Witz: 'ne Canon kauf ich mir, die macht gute Bilder ... Daran hat sich nichts geändert. Photoshop kann keine guten Bilder machen, aber mit Photoshop kann man es.

BuchMarkt: Aber Zaubern kann man mit den Programmen doch auch nicht ...

Michael Gradias: ... aber schlechte Bilder kann man mit Sicherheit verwertbar machen. Aus guten Bildern kann man brillante Bilder machen.

BuchMarkt: Wie lange wird es analoge Fotografie überhaupt noch geben?

Michael Gradias: Immer. Wie es auch Schwarzweißfotografie immer noch gibt. Analoge Fotografie hat einen besonderen Reiz, und den wird sie behalten.

BuchMarkt: Was sind die größten Tücken bei der Bildbearbeitung?

Michael Gradias: Das Beherrschen der vielen Funktionen, die die Programme bieten. Man muss wissen wo man etwas findet.

BuchMarkt: Welche Hard- und Softwareempfehlung haben Sie für den Urlaubsknipser?

Michael Gradias: Ich sag mal nicht, was ich empfehle, sondern was ich benutze: Photoshop. Ich kenne alle Programme, aber ich benutze nur Photoshop. Das Programm ist am stabilsten und bietet alle Funktionen.

BuchMarkt: Ist Photoshop für den Normaluser nicht ein bisschen hochgestapelt?

Michael Gradias: Der Normaluser - was immer das ist - kann sich an Photoshop Elements halten, eine abgespeckte Photoshop-Version. Damit kommt auch der weniger Ambitionierte recht gut klar.

BuchMarkt: Kameras gibt es für alle Ansprüche. Was ist Ihre Empfehlung?

Michael Gradias: Der Profibereich ist alles ab 5 oder 6 Megapixel. Aber für den Profi reichen auch schon 3,3 Megapixel - damit mache ich hochbrillante DIN A4-Abzüge. Und die Kamera ist 4 oder 5 Jahre alt. Es muss auch in diesem Bereich nicht immer das Neueste sein.

BuchMarkt: Wie wird sich der Markt der Bildbearbeitungsbücher weiter entwickeln - worauf sollte der Buchhändler mit allgemeinem Sortiment achten?

Michael Gradias: Gerade bei der Fotografie sind die Bücher viel zu programmbezogen. Fragen nach dem richtigen Bildausschnitt, welche Blende brauche ich wofür - das erfährt der geneigte Leser oft nicht. Wichtig wären Bücher die sich mit der Fotografie allgemein beschäftigen.

BuchMarkt: Wohin wird sich die Technik noch entwickeln?

Michael Gradias: Mit 8 bis 10 Megapixeln ist das Kleinbildformat so ziemlich ausgeschöpft. Und mehr macht eigentlich nur bei der Posterfotografie Sinn. Sicher wird man irgendwann Blenden wieder manuell wählen können. Objektive und Objektivwechsel ist noch ein wichtiges Thema. Da wird sich im Zubehörbereich einiges entwickeln.

BuchMarkt: Kann die analoge Fotografie etwas, was die digitale nicht kann?

Michael Gradias: Als Profifotograf habe ich bis heute eine hochwertige analoge Nikonausrüstung - einsatzbereit. Ich habe mir beim Kauf meiner Digitalkamera auch 4 Filme geholt, um damit Aufgaben zu erledigen, die digital einfach nicht gehen. Die Filme sind aber noch heute eingepackt ...

Das Interview führte Ulrich Faure